Fachbereich 65: Biologie/DNA-Analytik

Der Fokus des Fachbereichs liegt auf der molekulargenetischen Analyse von Spurenmaterial. Darüber hinaus ist er für die Charakterisierung anderweitiger biologischer Materialien zuständig.
Die Aufgaben des Fachbereichs umfassen hauptsächlich molekulargenetische Untersuchungen an Spuren- und Speichelproben (forensische DNA-Analytik). Darüber hinaus werden im Labor auch haarmorphologische Untersuchungen durchgeführt und Tier-, Pflanzen- sowie Pilzarten bestimmt. Zudem liefern entsprechend ausgebildete Sachverständige Ermittlungsunterstützung am Tatort bei der Blutspurenmusterinterpretation.
Forensische DNA-Analysen
Mit der Erfindung und Etablierung der Polymerase-Kettenreaktion (engl. polymerase chain reaction, PCR) in den 80er Jahren ist auch der Grundstein für den Einzug molekularbiologischer Methoden in die Kriminaltechnik gelegt worden. Paragraph 81ff der Strafprozessordnung (StPO) regelt in Deutschland die Anwendung der forensischen DNA-Analytik im Strafverfahren.
Da die DNA eines Individuums in allen Zellen des Körpers identisch vorliegt, ist es unerheblich, ob man Blut, Speichel, Sperma oder Hautkontakte für eine Zuordnung analysiert. Das Prinzip der PCR nutzend werden mehrere kleine Abschnitte der DNA aus den nicht-kodierenden Bereichen (keine Gene!) millionenfach kopiert, um anschließend jeweils die unterschiedlichen Fragmentlängen bestimmen zu können. Die hierbei gewonnenen Werte stellen sich als Zahlenkombination dar und werden als „genetischer Fingerabdruck“ oder „DNA-Identifizierungsmuster“ bezeichnet.
Ein so gewonnenes Muster tritt statistisch betrachtet nur einmal unter mehr als 30 Milliarden nicht verwandten Personen auf, gibt jedoch keinerlei Auskunft zu äußeren Erscheinungsmerkmalen eines Spurenverursachers. Bei vollständiger Übereinstimmung einer ausreichend großen Anzahl untersuchter DNA-Merkmale ist die Zuordnung einer Spur zu einer Vergleichsperson also möglich.
Abstammungsbegutachtungen
Mit dem genetischen Fingerabdruck können durch die Sachverständigen auch Abstammungsbegutachtungen durchgeführt werden. Hierfür werden biostatistische Berechnungsmethoden angewandt und das Wissen um die Regeln der Vererbung berücksichtigt. Verwandtschaftsberechnungen sind beispielsweise in Vermisstenfällen notwendig, in der forensischen Praxis jedoch eher selten.
DNA-Reihenuntersuchungen
Eine Kombination aus identifizierender Methodik und Abstammungsbegutachtung wird in DNA-Reihenuntersuchungen angewendet. Dieses Ermittlungswerkzeug ist ausschließlich schweren Straftaten vorbehalten und wird zum Abgleich einer Vielzahl von Personen mit Tatortspuren genutzt.
Erweiterte DNA-Analyse
Seit wenigen Jahren ist in Deutschland die sogenannte erweiterte DNA-Analyse (engl. phenotyping) gestattet. Sie umfasst Untersuchungen auf die kodierenden Bereiche der DNA (Gene), deren Ausprägung eine Wahrscheinlichkeitsaussage zur Pigmentierung (Haut-, Haar- und Augenfarbe) sowie zum Alter eines Spurenverursachers erlauben. Derzeit ist die Aussagekraft dieser Methoden jedoch nicht annähernd mit der von DNA-Identifizierungsmustern zu vergleichen, sodass diese Technik nur in ausgewählten Kriminalfällen als Ermittlungshilfe herangezogen wird.
Charakterisierung von Gewebetypen und Körperflüssigkeiten
Eine vergleichsweise junge forensische Disziplin befasst sich mit der Charakterisierung von Gewebetypen und Körperflüssigkeiten über molekularbiologische Methoden – hier werden zellspezifische Muster von mRNA (engl. messenger RNA) genutzt, um konkretere Aussagen über die analysierten Anhaftungen treffen zu können. Die Ergebnisse können die oben erwähnten, identifizierenden Verfahren ergänzen und erlauben einen besseren Einblick in die Spurenlage eines konkreten Kriminalfalls.